Veränderungsprozesse verstehen
- Christoph Klausing
- 16. Nov.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Nov.
Warum Change selten am Widerstand scheitert – und was Organisationen wirklich brauchen
Veränderungsprozesse gelten häufig als schwierig, konfliktreich oder zäh. Doch empirisch zeigt sich: Viele Veränderungen scheitern nicht an mangelnder Bereitschaft der Mitarbeitenden, sondern an strukturellen Unvollständigkeiten im Change-Design. Ein präzises Analyseinstrument bietet das „Managing Complex Change Model“ von Mary Lippitt – ein seit den 1980er-Jahren verbreitetes Modell, das klar beschreibt, welche Faktoren eine erfolgreiche Veränderung tragen und was passiert, wenn einer davon fehlt.
Das Managing Complex Change Model nach Mary Lippitt
Für wirksamen organisationalen Wandel braucht es fünf Elemente:
Vision – ein klares Bild der angestrebten Zukunft
Fähigkeiten (Skills & Know-How) – Kompetenzen, um den Wandel umzusetzen
Anreize (Incentives) – Gründe, die Veränderung mitzutragen
Ressourcen – Zeit, Budget, Strukturen und Werkzeuge
Plan (Umsetzungsbegleitung) – ein realistischer, kommunizierter Ablauf
Jedes dieser Elemente erfüllt eine spezifische systemische Funktion:
Vision schafft Richtung.
Fähigkeiten schaffen Machbarkeit.
Anreize schaffen Motivation.
Ressourcen schaffen Handlungsfähigkeit.
Planung schafft Orientierung und Struktur.
Nur wenn alle fünf Faktoren vorhanden sind, entsteht ein Change-Prozess, der sowohl strategisch als auch operativ tragfähig ist.

Was passiert, wenn ein Faktor fehlt?
Lippitts Modell ist besonders wertvoll, weil es nicht nur beschreibt, was erfolgreich macht – sondern auch, welche typischen Dysfunktionen auftreten, wenn ein Element fehlt. Die Zuordnung ist systemisch gut beobachtbar und wird in der Change-Literatur häufig bestätigt.
Fehlt eine Vision → entsteht Verwirrung
Teams erkennen nicht, wohin die Reise gehen soll. Entscheidungen wirken beliebig. Energie versickert in Einzelmaßnahmen ohne übergeordnetes Ziel.
Fehlen Fähigkeiten → entsteht Angst oder Überforderung
Mitarbeitende wollen häufig mitgehen – wissen aber nicht wie. Kompetenzlücken erzeugen Unsicherheit, Leistungsdruck und Rückzug.
Fehlen Anreize → entsteht Widerstand
Nicht, weil Menschen „schwierig“ sind, sondern weil Sinn, Nutzen oder Fairness nicht nachvollziehbar kommuniziert wurden.
Fehlen Ressourcen → entsteht Frustration
Die Veränderung wird als realitätsfern erlebt. Zeitdruck, Personalengpässe oder technische Hürden untergraben jede Motivation.
Fehlt ein Plan → entsteht Chaos
Ohne strukturierten Ablauf geraten Projekte ins Stocken, Prioritäten verschwimmen und Verantwortlichkeiten werden unklar.
Warum das Modell so wirkungsvoll ist
Lippitts Ansatz wird in der Organisationsentwicklung bis heute genutzt, weil er:
simple, aber präzise Diagnose ermöglicht,
strukturelle statt personale Ursachen sichtbar macht,
sich sowohl auf Teams, Abteilungen, Führungsebenen als auch Gesamtorganisationen anwenden lässt,
Veränderungen scheitern damit nicht primär an „Widerständen“, sondern an unvollständigen Rahmenbedingungen – ein deutlicher Perspektivwechsel gegenüber klassischen Change-Theorien.
Systemische Einordnung: Veränderung beginnt mit Klarheit
Das Modell unterstützt Organisationen darin, blinde Flecken sichtbar zu machen:
Wo ist die Vision unklar?
Wo fehlen Kompetenzen – fachlich oder methodisch?
Wo werden rationale oder emotionale Anreize nicht geschaffen?
Wo fehlen einfach Ressourcen?
Wo ist der Ablauf zu wenig kommuniziert oder strukturiert?
Die Analyse wirkt entlastend: Nicht der Mensch ist „das Problem“, sondern das System benötigt justierte Stellschrauben, damit Veränderung gelingen kann.
Fazit: Erfolgreicher Wandel ist gestaltbar – wenn alle fünf Bausteine zusammenwirken
Veränderungsprozesse gewinnen an Stabilität, wenn Vision, Fähigkeiten, Anreize, Ressourcen und Plan klar definiert und miteinander verzahnt sind. Das Managing Complex Change Model bietet hierfür eine wissenschaftlich fundierte Grundlage, um Veränderung professionell, systematisch und realistisch zu gestalten.





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